Lieferketten optimieren: So nutzen Sie die Vorteile von Real Time Visibility-Daten

Jesper Bennike, Executive Director bei Sixfold

Moderne Lieferketten werden immer komplexer und die vergangenen 18 Monate haben uns sehr deutlich gezeigt, dass sie gegen Störungen und Unterbrechungen nicht immun sind. Gleichzeitig verlangen Kunden zunehmend nach kürzeren Lieferzeiten, mehr Komfort und einer größeren Auswahl an Produkten und Dienstleistungen. Andererseits versuchen Unternehmen, die Chancen des digitalen Zeitalters zu nutzen und ihre Präsenz und Markenbekanntheit auszuweiten.

Jesper Bennike, Sixfold GmbH, Profilbild

Jesper Bennike, Sixfold GmbH (Quelle: Sixfold GmbH)

All das stellt jedoch eine enorme Belastung für globale Lieferketten und Logistiknetzwerke dar. Und damit nicht genug: Ob Brexit, die Covid-19-Pandemie oder der allgemeine Arbeitskräftemangel – disruptive Ereignisse stellen die Belastbarkeit von Supply Chains zusätzlich auf eine harte Probe.

Die aktuelle Situation in Großbritannien zeigt dies sehr deutlich. Eine Kombination aus mehreren Faktoren – darunter die Gesetzeslage Post-Brexit und Covid-bedingte Einschränkungen – führen in vielen Branchen zu einer Produktknappheit, die höchstwahrscheinlich die gesamte Weihnachtszeit und teilweise sogar bis ins nächste Jahr anhalten wird.

Doch Spediteure und Logistikdienstleister sollten nicht den Mut verlieren. Die gute Nachricht ist, dass es mittlerweile technische Lösungen gibt, um diesen Problemen entgegenzuwirken. Ein gutes Beispiel dafür ist Real Time Visibility (RTV). Mithilfe von RTV-Daten erhalten Unternehmen wertvolle Echtzeit-Einblicke in ihre Lieferketten, die ihnen helfen, die Transparenz und Rückverfolgbarkeit entlang der gesamten Lieferkette zu verbessern. RTV-Daten können schnell in handfeste und aufschlussreiche Handlungsempfehlungen umgewandelt werden. Aber wie genau können Spediteure den größten Mehrwert aus derartigen Daten ziehen?

Schritt 1: Prozesse optimieren

Wenn es darum geht, einen Mehrwert aus RTV-Daten zu gewinnen, sollten Spediteure und Logistikdienstleister zunächst versuchen, die Effizienz integraler Prozesse und Abläufe zu verbessern. Dabei können Echtzeitdaten eine entscheidende Rolle spielen. Da der Standort und Status von Kundenaufträgen in Echtzeit verfolgt werden kann, können Unternehmen Prozesse wie die regelmäßige Statusüberprüfung automatisieren – eine bisher zeitaufwändige manuelle Angelegenheit.

Mit einem datengesteuerten Ansatz können sich Spediteure von solchen ineffizienten und arbeitsintensiven Aufgaben verabschieden. Stattdessen können sie die genauen und automatisch gesammelten Daten nutzen, um ihre Ressourcen effektiver zu verwalten und quantifizierbare Einsparungen zu erzielen. So können viele Unternehmen allein durch den Einsatz von RTV die Anzahl an Kontrollanrufen um 50 bis 80 Prozent reduzieren. Auf diese Weise werden Mitarbeiter gezielt entlastet und können sich verstärkt auf wichtigere strategische Aufgaben konzentrieren.

Dieses Wissen trägt außerdem dazu bei, Liefertermine besser einhalten zu können. Da Spediteure in Echtzeit über Verspätungen oder Störungen informiert werden, können sie schnell reagieren, indem sie verspätete Warensendungen neu zuweisen oder gar komplett neu planen. Auf diese Weise verbessern sie ihre eigenen Lieferprozesse und senken auch die Kosten für Vertragsstrafen bei verspäteter Lieferung um 10 bis 30 Prozent. Ein deutsches Fertigungsunternehmen konnte z. B. durch die Nutzung von RTV-Daten nicht nur die Pünktlichkeit von LKWs verbessern und so zur allgemeinen Verringerung von Wartezeiten beitragen, sondern auch fast 50.000 Euro pro Jahr einsparen.

Aber es geht nicht nur um Kosteneinsparungen. RTV-Daten können auch entscheidend dazu beitragen, Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Gerade in Bezug auf Lieferketten, die dafür berüchtigt sind, nicht sonderlich ressourcenschonend zu sein, kann RTV ein tiefergehendes Verständnis dafür schaffen, wie Lkws tatsächlich genutzt werden. Mit diesem Wissen können Spediteure ihre Leerkilometer reduzieren sowie Kapazität und Nachfrage effektiver aufeinander abstimmen.

Außerdem sorgt der Austausch von Daten zwischen den einzelnen Parteien innerhalb der Lieferketten dafür, die Emissionen entlang der gesamten Supply Chain durch eine bessere Zusammenarbeit erheblich zu reduzieren. All dies ermöglicht nicht nur einen umweltfreundlicheren Betrieb, sondern hilft Spediteuren und Logistikdienstleistern auch dabei, ihren CO2-Fußabdruck zu verringern. Das führt nicht nur zu Kosteneinsparungen, sondern bedeutet auch einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz, der sich obendrein noch positiv auf die Umwelt auswirkt.

Schritt 2: Vorausschauend planen

Zwar kann sich die datengestützte Prozessoptimierung spürbar auf den Umsatz und das Wachstum eines jeden Unternehmens auswirken, jedoch ist das nur die Spitze des Eisbergs. Der wahre Mehrwert für Spediteure und Logistikdienstleister entsteht dann, wenn sie KI und Machine Learning in ihre Abläufe integrieren. Dadurch können sie Echtzeitdaten in wertvolle Erkenntnisse umwandeln, die es ihnen erlauben, vorausschauend, statt reaktiv zu handeln.

Viele Unternehmen machen sich derartige Technologien bereits zunutze: Laut dem MHI Annual Industry Report 2021 nutzen 31 Prozent der Supply-Chain-Experten bereits Predictive Analytics. 48 Prozent der Befragten geben zudem an, innerhalb der nächsten fünf Jahre damit beginnen zu wollen.

Wie kann all das auf die Prozesse innerhalb der Supply Chain angewendet werden? Einer der bekanntesten Anwendungsfälle ist die voraussichtliche Ankunftszeit oder Estimated Arrival Time (ETA) von Lieferungen. Diese hängt in der Regel von vielen Faktoren ab – vom Wetter und der Verkehrslage bis hin zu den vorgeschriebenen Pausenregelungen für Fahrer. Unternehmen müssen daher in der Lage sein, Daten aus den verschiedensten Quellen schnell zu analysieren, die Daten vergangener Lieferungen auf aktuelle Verzögerungen anzuwenden und zügig auf jegliche Veränderungen zu reagieren. Das alles ist nur mithilfe einer KI-gestützten Plattform möglich.

Durch die Berücksichtigung von Faktoren wie Routenverläufen, Standortdaten und Fahrtmustern können diese Plattformen die voraussichtliche Ankunftszeit (ETA) von Transporten genau vorhersagen und so einen großen Mehrwert für Spediteure und Logistikdienstleister schaffen. Diese wiederum können dieses Wissen nutzen, um ein besseres Kundenerlebnis zu bieten, da sie genau wissen, wo sich eine Warensendung zu jedem beliebigen Zeitpunkt befindet. Weitere Vorteile ergeben sich zudem aus:

  • einer effizienteren Verwaltung und Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten der Lieferkette durch intelligentes Benchmarking und Reporting
  • Yard-Management in Echtzeit und dynamischer Zeitfensterbuchung zur Steigerung der Lagerproduktivität und Minimierung von Ressourcenverschwendung
  • der Verbesserung des Kapazitätsabgleichs durch ein vollständig RTV-fähiges Netzwerk, um Ressourcenverschwendung zu reduzieren und Kosteneffizienz zu steigern

Die Möglichkeiten sind beinahe unbegrenzt. Aus diesem Grund sollten Unternehmen innerhalb der Logistikbranche, insbesondere angesichts der zunehmend komplexeren Lieferketten und der damit verbundenen Problematik, darauf vorbereitet sein, Technologien und Plattformen zu nutzen, die RTV-Daten in wertvolle Handlungsempfehlungen umwandeln können. Denn genau das ist der beste Weg, um auf jegliche Störung in der Zukunft vorbereitet zu sein, fundiertere Entscheidungen treffen zu können und das zukünftige Wachstum von Unternehmen zu fördern.

Zur Person:

Jesper Bennike ist Executive Director bei Sixfold, Europas führender Serviceanbieter für Real Time Visibilty in der Supply Chain. Er arbeitete mehr als ein Jahrzehnt in der globalen Halbleiterindustrie für weltweit führende Unternehmen wie Texas Instruments, Lumileds und Seoul Semiconductors. 2015 war Jesper Mitbegründer von GateHouse Logistics und baute das Unternehmen zu einem der führenden Visibility-Anbietern für Komplettladungen in Europa aus. Jesper hat eine Leidenschaft für das Transporttechnologiegeschäft und arbeitet an Technologien, die nicht nur das EBIT der Kunden verbessern, sondern auch eine bessere Arbeitsumgebung schaffen und sich tatsächlich auf Kohlenstoffemissionen auswirken. Jespers Team bei Sixfold konzentriert sich auf den Aufbau und den Betrieb des weltweit größten Echtzeit-Datenverbindungsgewebes, das allen Beteiligten in der Lieferkette eine einzige Datenplattform bietet.