Indizes im Spannungsfeld erhöhter Markttransparenz
Die starke Verbreitung digitaler Plattformen rüttelt an der weit verbreiteten Preisintransparenz für Gütertransporte. Verlader profitieren bei der Suche nach einem passenden Transportangebot heute von mehr Vergleichsmöglichkeiten durch Frachtenbörsen für den Spotmarkt oder Ausschreibungsplattformen für längerfristige Verträge. Aber auch Logistikdienstleister haben eine bessere Übersicht über Marktpreise, da digitale Plattformen als Tool für ein unternehmensinternes Benchmarking genutzt werden können. Neben den typischen digitalen Plattformen für die Auftragsvergabe über den Spot- und Kontraktmarkt unterstützen auch Preisindizes das Monitoring von Marktpreisentwicklungen auf dem Transportmarkt. Sie bieten das Potenzial, die eigenen Frachtraten am Marktniveau zu spiegeln und damit die eigene Preis-Performance zu messen.
Was sind Preisindizes?
Ein Preisindex stellt eine Kennzahl für die Entwicklung von Preisen in aufeinanderfolgenden zeitlichen Perioden dar. Er soll als Indikator die Preisentwicklung auf einem bestimmten Markt statistisch auswerten. Im Güterverkehrsmarkt werden Preisindizes von den Marktakteuren genutzt, um den Preis von Transportdienstleistungen besser beurteilen zu können. So können beispielsweise Rückschlüsse auf die Kosten für Transportdienstleistungen, einschließlich Kraftstoffpreise, Fahrzeugwartung und -betrieb, Löhne und Gehälter sowie Straßenbenutzungsgebühren, gezogen werden. Durch die volatile Natur des Transportmarkts und seiner Preise – nicht selten steigen oder fallen Preise auf dem Spotmarkt aufgrund von Über- oder Unterkapazitäten am Markt in kurzer Zeit um 10 Prozent oder mehr – bietet sich so die Möglichkeit, die Höhe der eigenen Frachtraten gegenüber dem Gesamtmarkt zu vergleichen, um daraus gezielt Handlungsoptionen abzuleiten.
Wozu sind Preisindizes im Güterverkehrsmarkt nützlich?
Preisindizes bieten einen wertvollen Einblick in die Dynamik des Marktes und ermöglichen es Unternehmen, belastbare Entscheidungen im Zusammenhang mit Straßengütertransporten zu treffen. Zu den Anwendungsfeldern von Preisindizes zählen:
- Preisgestaltung und Vertragsverhandlungen: Preisindizes können als Benchmark für die Preisgestaltung von Transportdienstleistungen dienen. Sie unterstützen auch Vertragsverhandlungen, indem sie den Parteien eine Grundlage für Preisänderungen bieten. Der Vorteil liegt darin, eine objektive Informationsquelle heranzuziehen.
- Wirtschaftliche Analyse: Preisindizes ermöglichen beiden Marktseiten eine wirtschaftliche Analyse. Sie liefern wichtige Daten für die Bewertung der eigenen Preis-Performance und können dazu beitragen, Wachstums- und Investitionsmöglichkeiten zu identifizieren.
- Kostenmanagement: Preisindizes ermöglichen es Unternehmen, Kostenänderungen zu überwachen und situativ geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Rentabilität zu verbessern.
- Risikomanagement: Preisindizes können auch bei der Risikobewertung helfen, indem sie Trends und Muster aufzeigen, die auf zukünftige Preisschwankungen hinweisen könnten. Dies hilft den Akteuren dabei, Risikomanagementstrategien zu entwickeln und umzusetzen. Dies gilt insbesondere für Indizes, die auch prognostische Aussagen über die zukünftige Marktentwicklung ermöglichen.
- Regulatorik: Oft weniger im Fokus, aber dennoch nicht zu vernachlässigen ist der Aspekt, dass Preisindizes auch politische Entscheidungsträger und Regulierungsbehörden bei der Formulierung von Strategien und Vorschriften unterstützen können, die auf die Stabilisierung und Förderung des Straßengüterverkehrsmarktes abzielen.
Herausforderungen bei der Verwendung von Transportpreisindizes im Güterverkehrsmarkt
Trotz ihrer Vorteile müssen sich die „Produzenten“ von Preisindizes Herausforderungen stellen. Dazu zählen u.a.:
- Datenqualität und Verfügbarkeit: Die Qualität und Verfügbarkeit von Daten kann die Genauigkeit und Relevanz von Preisindizes beeinträchtigen. Dazu zählen veraltete sowie nicht ausreichend genaue Daten, insbesondere in Zeiten rascher Marktveränderungen. Daher sollte beim Einsatz eines Indizes zunächst die Datengrundlage und Berechnungsmethodik betrachtet werden, um keine vorschnellen Schlüsse zu ziehen.
- Komplexität der Preisgestaltung: Die Preisgestaltung in der Transportbranche kann komplex sein und viele Variablen berücksichtigen, darunter Kraftstoffpreise, Löhne und Gehälter, Wartungskosten und Straßenbenutzungsgebühren. Dies mag die Genauigkeit von Preisindizes beeinträchtigen und es schwierig machen, ausreichend genaue Informationen zu liefern.
- Regionalität und Leistungsindividualität: Die Transportbranche ist stark regionalisiert und spezialisiert. Dies bedeutet, dass die Preise und Kosten in einem Gebiet oder für eine spezielle Art von Transportdienstleistung nicht unbedingt repräsentativ für den gesamten Dienstleistungssektor sind. Somit besteht die Gefahr, dass Preisindizes ein verzerrtes Bild der Marktbedingungen liefern. Auch innerhalb einzelner Regionen können Marktpreise je nach Quelle-Senke-Relation stark variieren. Hinzu kommen leistungsspezifische Merkmale, die einen erheblichen Einfluss auf Frachtraten haben. So kann es für Logistikdienstleister attraktiv sein, Konjunktur-resistenten, wenig volatilen Branchen mit guter und frühzeitiger Planbarkeit der Transporte bei gleichzeitig wenigen Restriktionen und paarigen Verkehren vergleichsweise günstigere Konditionen anzubieten, da das Kapazitätsmanagement einfacher ist und somit beispielsweise der Auslastungsgrad wesentlich höher ist als bei saisonal stark schwankenden Transporten.
Fazit
Preisindizes tragen neben digitalen Plattformen zur Erhöhung der Marktpreistransparenz im Güterverkehr bei. Je nach Index-Gestaltung liefern sie wichtige Informationen über spezifische oder generelle Marktentwicklungen und helfen Unternehmen, fundierte Entscheidungen zu treffen. Sie können sowohl für Verlader wie auch Logistikdienstleister ein wertvolles, ergänzendes Instrument für die Bewertung und Steuerung ihres Transportgeschäfts darstellen. Auch wenn das Management von Kosten und Preisen alles andere als Neuland ist, bietet die passgenaue Auswahl von Indizes, die möglichst gut die Entscheidungen in den eigenen Marktsegmenten und Geschäftsaktivitäten unterstützen, zusätzlichen Mehrwert.
Zur Person: Ludwig Häberle arbeitet als Projektmanager bei der Logistics Advisory Experts (LAE) GmbH (Bazenheid) (https://logistics-advisory-experts.ch) und ist zudem Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Institut für Supply Chain Management der Universität St.Gallen. Zu seinen Beratungs- und Forschungsschwerpunkten zählen nachhaltige Güterverkehrssysteme und Marktanalysen mit besonderer Berücksichtigung des Straßengüterverkehrs. Bei der LAE verantwortet er u.a. den monatlich erscheinenden LAE-Transportpreisindex für den Straßengüterverkehr. Dieser umfasst die deutschen Märkte Kurier-Express-Pakete (KEP) sowie Teil- und Komplettladung (LTL/FTL), differenziert nach Spotmarkt und Kontraktmarkt. Weitere Informationen finden Sie unter https://logistics-advisory-experts.ch/lae-transportpreisindex. |